Ich heiße Nicole und mein Pferd Felix, ich bin 25 und er geschätzte 36 Jahre alt.
Nun möchte ich euch gerne erzählen, wieso wir zwei eine so feste Bindung haben.
Vor fast 12 Jahren habe ich auf einer kleinen Wiese ein weisses Pferd stehen sehen, ich mochte Pferde schon immer bin aber noch nie auf einem geritten.
Also bin ich auf den Hof und fragte die Besitzer ob man dieses Tier reiten könne und ich es einmal versuchen durfte. Also wurde mir der Schimmel eingefangen, geputzt und gesattelt. Ich stieg auf und es war wunderbar, solch ein tolles Gefühl. Nach dem Ritt saß ich dann noch in einer gemütlichen Runde mit den Besitzern zusammen und die erzählten mir, wie sie zu dem Tier gekommen sind.
Felix stand damals mit einer Stute zusammen in einem kleinen Verschlag, sah kein Licht, kein Freigang, keine Liebe weder jegliches Interesse an einem. Sie holten die zwei dort weg und sorgten für die total abgemagerten zwei. Die Stute musste leider wegen schwerem Asthma eingeschläfert werden und das machte Felix sehr sehr traurig und böswillig. Er trat, biss und quetschte Leute an Wände.
Diese Geschichte machte mich etwas traurig, drum versprach ich den Besitzern, mich um den kleinen Kerl zu kümmern. Ich bin jeden Tag, egal ob bei Regen, Schnee oder Sonnenschein, zu ihm gefahren und habe ihn gehegt und gepflegt wie nie jemand zuvor, er erstrahlte im hellsten Weiss.
Wir haben einigen Quatsch zusammen versucht. So verging das erste Jahr und aus den Tritten und Bissen wurden irgendwann Schmusereien und ab und zu sogar Küsse. 😀 Er wusste nun das er nicht mehr alleine ist.
Als ich ihn eines Tages dann von Koppel holen wollte, weigerte er sich mir zu folgen, er stand da so stur wie ein Esel. Ich überredete ihn dann irgendwann doch mir nachzukommen und sah das er nur zaghaft auftrat und eher betrunken vorwärts wankte. Ich rief die Tierärztin an und die Diagnose war Hufrehe auf allen Vieren!!!………Schock………Wie konnte das passieren?? Wir waren alle etwas ratlos und die Tierärztin meinte sie wolle ihn gar nicht erst behandeln, sondern gleich erlösen. Damit war ich ganz und gar nicht einverstanden, denn ich und meine Eltern bezahlten ja so schon alles rund um dieses Pferd, also warum ihm nicht diese Chance gewähren?
Sie (zwar murrend) stimmte dann aber ein. Sie gab mir alle möglichen Medikamente die ihm helfen können und gab ihm 4 Wochen bis zum nächsten Termin. Bloß gut das Ferien waren.
Also kümmerte ich mich, so wie schon jeden Tag davor, um den Schimmel um ihn täglich seine Medikamente zu geben. Er lag immer dösend in seinem Stall, damit er nicht alleine ist, habe ich mich immer zu ihn an seinen Bauch gesetzt und zum Dank seinen Kopf auf meinen Schoß gelegt bekommen. Er sollte in dieser schweren Zeit nicht alleine sein und das fühlte er.
Ich habe ihn alle 2 Stunden zum Aufstehen bewegt, damit er sich nicht festliegt und ihn etwas bewegt. Mit kaltem Wasser habe ich ihm die Beine gekühlt und ihm danach wieder seine Eisgelbandagen drumgemacht. Die ersten Tage habe ich sogar mit ihm im Stall geschlafen, damit er niemals alleine war.
Nach 4 Wochen als die Tierärztin wieder kam, sah man, wie ihr beim aussteigen fast die Augen rausfielen. Felix stand auf seinem Paddock und kratzte sich mit seinem Hinterbein am Ohr, so als wäre nie was gewesen.
Natürlich war noch nichts verheilt, aber man merkte ihm an, dass er leben will ! Die Tierärztin meinte dann, ich solle den Hufschmied dazuholen um ihn noch besser bei der Heilung zu unterstützen.
Gesagt, getan. Im Telefonbuch nach einem guten Schmied mit Orthopädischem Hufbeschlag gekramt und gefunden. Der nette Herr kam den selben Tag noch und verpasste meinem Felix dicke Stegeisen. Er sah mich an und sagte: “Wir kriegen den alten Kerl wieder hin. Keine Sorge!” Das beruhigte ungemein. Nach 8 Wochen wurden die Eisen dann gewechselt und ich durfte ihn langsam wieder Schritt führen, da es ihm Tag für Tag besser ging.
Erneute 8 Wochen später durfte ich langsam wieder Schritt reiten, war gar nicht so einfach, da der Gute einen extremen Bewegungsdrang verspürte 😀
Um mich noch besser um ihn zu kümmern habe ich bei mir Zuhause einen Stall ausgebaut und ihm eine Koppel angelegt, mich mit den Besitzern abgesprochen, nichts sprach dagegen. Also sattelte ich mir mein Pferd und ritt zu mir nach Hause.
In der zeit wo er so krank war, habe ich Reitunterricht genommen und lernte sehr schnell. So stand ein halbes Jahr später bei meinen Nachbarn ein kleines Turnier an. Ich wollte unbedingt teilnehmen, zusammen mit meinem Schimmel. Also ließ ich Tierärztin und Hufschmied den Schimmel nochmal genauer betrachten und beide willigten ein dass einer Teilnahme nichts im Wege stehen würde. Also meldete ich mich an, ich wählte das für uns einfachste, Geschicklichkeitsreiten.
Im Training nannten sie ihn immer “Der geölte Blitz”, keiner konnten ihn schlagen!
An unserem großen Tag, machte ich mich also mit ihm auf den Weg. Er war so gelassen und ich bin vor Nervosität fast gestorben!! Wir beide waren noch nie auf einem Turnier. Aber er wusste dass er sich bislang immer auf mich verlassen konnte und somit verließ ich mich an diesem Tag auf ihn. Er ist durch den Parcours gedüst ohne zu scheuen oder sonstiges, als würde er das schon 30 Jahre machen. Durch einen kleinen Fehler meinerseits, haben wir leider beim ersten Durchlauf zu viel Zeit verplempert und wurden am Ende 3. Aber das war mir sowas von egal…3.!! von 35 Teilnehmern nach solch einem Tiefschlag. Ich war so stolz auf unsere Leistung und hatte Freudentränen in den Augen. Er stand total relaxt neben mir und schnaubte als er die weisse Schleife angesteckt bekam.
Wir leben immernoch zusammen und er ist noch keinen Tag gealtet, er ist immernoch topfit unterm Sattel und benimmt sich in einigen Situationen wie ein Fohlen. Wir haben in den Jahren noch einigen Quatsch durchgemacht, darunter noch weitere Turniere und sogar einen kompletten Umzug in einen Pferdestall, da ich dort meine Lehre angefangen hatte.
Er ist das Beste was mir je passieren konnte und ich hoffe dass der Tag des Abschieds noch einige Zeit in der Zukunft liegt.
Liebe Grüße
(Auf dem Foto ist er 33Jahre alt)
von Nicole Beckert